Bettina Röhl in Cicero: In der heute erscheinenden Februarausgabe finden Sie eine Filmkritik über den Spielbergfilm "München", ( jetzt im Netz !) die deutschen Aspekte des Olympiaattentats 1972 auf die israelische Nationalmannschaft und eine faksimilierte Solidaritätserklärung Ulrike Meinhofs mit den Attentätern des Schwarzen September.
Der Film "München" von Steven Spielberg kommt am 26.Januar 2006 in die deutschen Kinos.
Spielberg hat mit seinem Oskarpreisgekrönten Film „Schindlers Liste“, mit dem er die Deutschen, die den Holocaust zu verantworten haben, durchaus schonte, bewiesen, daß er geschichtliche Zusammenhänge und historische Fakten hollywoodmäßig aufbereiten kann, und man sollte ihm jetzt nicht vorschnell die Ehre abschneiden. Spielberg scheint bewusst zu sein, daß er ein brisantes Thema, das historisch alles andere als abgeschlossen ist, überhaupt erst eröffnet hat...
Dass Sex und Crime sich verkauft, daß Terrorismus perverserweise eine wohlfeile Angelegenheit ist, die ihrer intellektuellen und moralischen Durchdringung noch harrt, ist regelmäßig die Crux eines Filmes über Terror. Terrorismus ist seinem Wesen nach eine die menschliche Ordnung zerstörende Kraft, die erkennbar die typisierten Tatbestände des Gesetzes und der Verfassung eines Rechtsstaates sowohl auf der Tatbestandsseite wie auch auf der Sanktionsseite sprengt und das wissen die Terroristen natürlich auch. Spielberg zeigt den Terrorismus ganz und gar bis ins Detail, er macht ihn fühlbar und dies, anders als eigentlich alle Filme über Terror und Gewalt, ohne Terrorismus zu verherrlichen und ohne dem kranken Faszinosum des Terrors auch nur im Mindesten zu erliegen. Am Ende des Films werden viele Menschen erfahren haben, was Terrorismus sein kann und das Kino trotzdem als „heile“ Menschen verlassen.
Anders als andere Filme, die nach herrschender Meinung ein Mahnmal gegen Gewalt seien, wie der geniale, aber bis weit über die Schmerzgrenze gehende Gewaltfilm A Clockwork Orange aus den siebziger Jahren oder auch Natural Born Killers aus den Neunzigern, in denen kriminelle Lustmörder dominieren und bei manch einem Zuschauer immerhin eine gefährliche Identifikation ausgelöst haben, weil das Moment der Gewaltfaszination eben gerade angeheizt wurde, ist Avner in „München“ eine Figur – und sei sie zur Gänze unhistorisch – die nicht mit „gutem“ Terrorismus „bösen“ Terrorismus bekämpft, sondern die handelt, ohne sich satt auf Rechtfertigungsgründen auszuruhen.
München“ ist der politischste Film, den Spielberg je gemacht hat und er bringt nach viel Seichtem der letzten Jahre, in denen Harry Potter-Filme, Herr der Ringe, ein Chikagomusical- und zuletzt ein eindrücklicher Boxfilm einen Oskar gewannen, politischen und moralischen Anspruch nach Hollywood zurück.
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