Kurfürstlicher Putsch in der SPD-Führung: Parteivorstand fällt Müntefering in den Rücken: Nahles Generalsekretärkandidatin, Wasserhövel abgeschlagen.
von Bettina Röhl in Cicero online exklusivDer SPD-Vorstand feiert Halloween auf seine ganz eigene Art. Geheim, so offenbar die Parteisatzung der SPD, haben die Partei-Granden auf ihrer Sitzung am 31.Oktober - hübsch antibasisdemokratisch - darüber befunden, wer als einziger Kandidat für den Posten des Parteigeneralsekretärs dem eigentlichen Beschlussgremium, nämlich dem kommenden Parteitag am 14.November in Karlsruhe, präsentiert werden wird. Dort können dann die SPD- Delegierten jetzt nur noch Nahles abnicken.
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">War es nun eigentlich die Person der Andrea Nahles, die zu diesem technischen K.O von Franz Müntefering führte? Oder war Nahles nur das Vehikel Müntefering zu kippen und damit die Große Koalition in spe zu torpedieren? Wollte da wer den großen Anlauf auf Rot-Rot-und ein bisschen Grün doch noch nehmen? In jedem Falle steht erst einmal fest, es handelt sich um eine kleine Partei-Revolution von oben. An Halloween wird nicht gedacht, da wird gegruselt. Manche gruseln andere und andere gruseln sich selbst. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Die öffentlichen Kassen in Deutschland sind leer, aber viel schlimmer als dies: Niemand weiß, wie sie je wieder gefüllt werden sollen, weshalb sich alle politischen Kräfte daran gewöhnt haben, den Status quo der Schuldenlage zu akzeptieren. Man konzentriert sich nur noch auf das Gerede über schnelleres oder langsameres „Wachstum“ bei der Neuverschuldung.</span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Dies ist nicht die Situation, in der die SPD Fisimatenten machen sollte. Sie hat unter anderem deswegen etwas mehr als 34 % Stimmenanteil bei der letzten Wahl bekommen, weil sie den Wählern versprochen hatte, nicht mit der Linkspartei, die noch keine Partei ist, zu koalieren oder sonst zusammen zu arbeiten. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman"><strong><span style="color: #660000;"><span style="mso-bidi-font-weight: bold">Ist Andrea Nahles es wert, jetzt eine Schlüsselrolle in dem jetzt auf Prozesstemperatur gebrachten Gärungsprozess innerhalb der SPD zu spielen?<span style="COLOR: maroon"> </span></span>Die Frage muss bislang mit einem klaren Nein beantwortet werden. <span style="mso-bidi-font-weight: bold">Auch die Frage, ob sie es wert ist, dass Franz Müntefering in diesem Moment von der Brücke gehen muss, ist mit einem klaren Nein zu beantworten. <p></p></span></span></strong></span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Nahles ist weder, wie die SPD-Linke es sonst immer gern hatte, eine Intellektuelle, noch ist sie überhaupt ein besonders kluger politischer Kopf, noch kennt sie sich mit den vorrangigen Themen Wirtschaft oder Finanzen aus. Auf ihrer Internetseite präsentiert sie sich als „Literaturwissenschaftlerin.“ </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Sie hat etwas Planschiges, Unexaktes,<span style="mso-spacerun: yes"> </span>Unstringentes. Sie behauptet links zu sein und kann trotz dieser Behauptung, die sie an ihrem jungen Leben gemessen schon eine halbe Ewigkeit aufstellt, kaum plausibel machen, dass sie in der Politik über opportunistisches und populistisches Linksgerede hinausgehend bisher Positives bewirken oder mit neuen Denkansätzen brillieren konnte.</span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">In Zeiten eines überschwellenden Luxus mag die SPD solche Spielchen etwas besser vertragen. In Zeiten, in denen die SPD selber darum kämpft ihren ideellen, philosophischen<span style="mso-spacerun: yes"> </span>Standort zu finden und mit der guten alten Programmpartei von einst schon lange nichts mehr zu tun hat, wirkt die Kandidatenkür des Vorstandes zu Gunsten Nahles ein bisschen wie blinder Aktionismus. Wenn wir schon keine Ideen haben, dann ersetzen wir diese fehlenden Ideen eben durch das Nahles-Gesicht. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span style="mso-bidi-font-weight: bold"><span face="Times New Roman">Das Ganze wirkt wie eine verspätete Revolution gegen Schröder, die nun Müntefering auszubaden hat – und mit ihm möglicherweise die ganze SPD. Und leider auch die Bundesrepublik. Da haben ein paar Vorständler unfreiwillig aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. <p></p></span></span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Dass Nahles nun der große Magnet für Kapital, Investitionen, wirtschaftliches Vertrauen, Risikobereitschaft oder Aufbau sei wird niemand aus dem SPD-Vorstand ernsthaft vertreten. Sie sei, wie aus SPD-Kreisen zu hören war, ein politisches Schwergewicht, tatsächlich scheint sie eher ein da und dorthin plapperndes Leichtgewicht zu sein. Egozentrik und Karrieresucht, eine unsoziale und damit eigentlich auch eine antilinke Eigenschaft, mag sie getrieben haben, sich willfährig den Putschisten im SPD-Vorstand als deren Katalysator zur Verfügung zu stellen. <span style="mso-bidi-font-weight: bold">Im Wettstreit wer im besten Sinne sozialer und wer linker innerhalb der SPD ist - und zwar vom Herzen her und nicht von der Etikettierung her – schlägt das Urgestein Müntefering die Yuppie-Dame Nahles um Längen. </span><p></p></span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Im SPD-Vorstand gibt es wahrscheinlich ein paar ältere Semester, die die an Jahren junge Nahles (35) für eine Vertreterin der nachwachsenden, modernen, neuen, politischen Kräfte halten. Tatsächlich ist Nahles ist eher ein Produkt des großen, unreflektierten 70er-Jahre-Revivels, welches Anfang der neunziger Jahre über die Bühne ging, so eine Art „68erin light light". Joschka Fischer würde sagen: Playback, ein Abziehbild. Es hat oft was Trauriges, wenn Ältere mutmaßen und entscheiden, welcher/welche Jüngere in seiner/ihrer Generation der Bringer/ die Bringerin sei. Nahles war immer eher Erfüllerin der Jugendvorstellung von Älteren, als dass sie Vorbild für Jüngere war oder ihre Altersgenossen vom Hocker zu haun in der Lage ist. Nahles ist in Wahrheit eben nicht wirklich jung.</span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Woher die Dynamik innerhalb der SPD-Führung in allerjüngster Zeit kam, bleibt schleierhaft. Jedenfalls gab es plötzlich so etwas wie eine fixe Idee: Nahles müsse auf Biegen und Brechen ein Parteiamt bekommen, andernfalls nähme die SPD-Welt Schaden. Dieser fixen Idee opferten 23 SPD-Obere ihren eigenen Parteivorsitzenden Müntefering und die Solidität des Werdungsprozesses der großen Koalition. Inzwischen wird Müntefering aus seiner Partei schon wieder bekniet den Parteivorsitz trotz Nahles auch zukünftig zu übernehmen. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Es waren indes nicht nur Verjüngungsphantasien älterer SPDisten – Wasserhövel mit seinen 43 Lebensjahren wäre diesbezüglich auch kaum wesentlich anders zu beurteilen gewesen als Nahles – die die Nahles-Kandidatur durchsetzten. Es gab auch noch andere Kräfte, aus denen sich der Tiefschlag gegen Münte speiste. Pattex-Heide, diesmal nicht Simonis, sondern Wieczorek-Zeul scheint gegen den Verjüngungsprozess der SPD zu sein. Sie will ihr Parteiamt als stellvertretende Bossin ( zusätzlich zu ihrem Ministeramt ) behalten und kein Revirement zulassen, an dessen Ende Nahles, wenn sie denn unbedingt einen Posten braucht, irgendeinen anderes SPD-Amt bekäme. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Auch ein anderer, in der Öffentlichkeit weniger bekannter Aspekt ist offenbar wirksam geworden:<span style="mso-spacerun: yes"> </span>Die Gender Mainstreaming-Fraktion a la Renate Schmidt und Ute Vogt scheint das Geschlecht der Nahles vor das Wohl der Partei, der zukünftigen Bundesregierung und damit vor das Wohl des ganzen Landes zu stellen. Muss eine Frau allein wegen dieser Eigenschaft des Frauseins in die Parteispitze hinein durchgepresst werden. Da die Genderei, für die der bundesdeutsche Steuerzahler bereits sehr viel Geld ausgibt und ausgeben wird, nicht besonders demokratisch implementiert wurde, und auch nicht über die Maßen positiv besetzt ist, kommt sie etwas schleichender, ganz unausgesprochen, daher. Aber es ist ganz offensichtlich, dass es eine solche Gender-Mainstreaming-Fraktion gibt und dass diese sich durchgesetzt hat. Auch die SPDisten männlichen Geschlechts, die auf der Gender Mainstreaming-Welle mitsurfen, gehören zu den Münte-Stürzern. Gleichberechtigung für Frauen, auch im Hinblick auf Führungspositionen bei der SPD, ist eine Selbstverständlichkeit. Nur allein kraft Frauseins durchgeschleust zu werden, kann’s nicht sein. Das eiskalte Vorgehen der Münte-Meuchler erschrickt.<span style="mso-spacerun: yes"> </span></span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Die SPD steckt in einer Sinnkrise enormen Ausmaßes. Mit Nahles wird diese Sinnkrise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gelöst. Man kann nur hoffen, dass die Parteibasis die Verkrustungen der SPD-Führung aufbricht und Müntefering auch vor sich selber und vor der Welt in die Lage versetzt seinen Posten - frei von der Hypothek Nahles – auch nach dem 14.November auszufüllen. <span style="mso-spacerun: yes"> </span></span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Die Bundesrepublik braucht Müntefering als einen innerhalb seiner Partei starken Mann, der eine große Koalition für eine Weile garantieren kann. Müntefering kann dieser Aufgabe die Koalition zu stabilisieren nur gerecht werden, wenn er nicht nur am Kabinettstisch sitzt, sondern auch zugleich auf dem Sessel des SPD-Parteichefs. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Die Nachwuchs-Qualität einer Nahles schön und gut: Das gerühmte Talent wird Nahles dadurch allerdings noch nicht und legitim wird ihr Vorgehen, von dem sie sich nachträglich selber offenbar unangenehm sich überrascht gefühlt hätte, auch nicht. Und sie hätte sich auch nicht sachlich für einen Führungsposten innerhalb der SPD qualifiziert: wenn ihre politische Rechentiefe nicht so weit ging, dass sie vorab erkannt hat, dass ihre „geile“ Kampfkandidatur die SPD zerreißen würde, dann ist sie überhaupt kein politischer Kopf, wie auch Herr Johannes Kahrs vom Seeheimer Kreis richtig feststellte. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">In den Medien war jetzt des Öfteren zu lesen, dass Münteferings Wunschkandidat Wasserhövel quasi den Nachteil hätte, dass er eben diesen Medien nicht bekannt sei. Soll das heißen, dass Demokratie durch Medien ersetzt werden kann und gute Parteiarbeit nicht mehr zählt, sondern nur Medienbekanntheit? Nahles kommt vor lauter Medienpräsenz im Zweifel nicht zum arbeiten. Und Wasserhövel kam möglicherweise vor lauter Arbeit nicht dazu sich bei den Medien anzudienen und anzudienern. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span face="Times New Roman">Ist das Ganze nun der viel behauptete Linksruck in der SPD, wie auch einige CDU-Politiker ihn jetzt beschwören? Mitnichten. Mit einer linken, also hoffentlich sozialen Gesinnung hat dieses unwürdige Spektakel von ein paar Kurfürsten aus dem SPD-Establishment nichts zu tun. </span></p>
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<p class="MsoNormal" style="MARGIN: 0cm 0cm 0pt"><span style="mso-bidi-font-weight: bold"><span style="color: #660000;"><strong>Schade Münte! Du hättest einen größeren Gegner verdient gehabt!<p></p></strong></span></span></p>
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Das sind viel zu viele Zeilen für die SPD.
Kommentiert von: Timo Rieg | 01. November 05 um 18:56 Uhr
„Was man weiß, was man wissen sollte“, sagte schon Heinz Maegerlein - http://www.campodecriptana.de/blog/2005/11/09/380.html
Kommentiert von: Bella | 10. November 05 um 16:08 Uhr