Barack Obama ist der neue US-Präsident. Seit er die Wahl gewonnen hat, treten überall die Eliten hervor und führen öffentlich wahre Kapriolen auf. Sie huldigen einem mit Vorschusslorbeeren überhäuftem Phantom. Barack Obama wird weltweit mit geradezu außerirdischen Fähigkeiten bedacht und als Beginn eines neuen Zeitalters der Menschheit gefeiert. Indes, Barack Obama wird die Welt nicht neu erfinden.
von Bettina Röhl aus dem Mainstream Report bei Welt online
John McCain hat die Wahl verloren. Er erhielt rund 56 Millionen Wählerstimmen. Barack Obama, der Wahlsieger und neue US-Präsident, brachte es auf rund 63,5 Millionen Wählerstimmen. Die Differenz von rund 7,5 Millionen Stimmen bringt die Medien und die Politik und wen sonst noch weltweit regelrecht zum Ausrasten. Der Globus scheint im kollektiven Barack-Suff den Verstand zu verlieren. Zwar ist die Wahlbeteiligung auf 66 % gestiegen, aber sie ist, wie traditionell in den USA niedrig. Daran konnte auch der teuerste und längste milliardenschwere Wahlkampf nichts ändern.
Und diese 7,5 Millionen von 177 Millionen registrierten und 194 Millionen wahlberechtigten Wählern, die Saint Barack mehr als McCain mobilisieren konnte, werden jetzt allerorten im Jubel und im Rausch vervielfacht. So heißt es schwelgerisch, dass der weiß-schwarze Obama, der artifiziell schwarz gemacht wird, die Erstwähler zwischen 18 und 22 Jahren mit seiner Internetkampagne quasi geschlossen für sich akquirierte, dann die jungen Leute sowieso, die Hispanics, die Schwarzen eh, die Frauen sowieso, deren Herzen ihm zuflögen und es nimmt kein Ende.
Barack, wie sich Obama in seinen wahrscheinlich milliardenfachen Emails von seinem Mailingautomaten als Absender nennen ließ, ist bei Dir und bittet um eine kleine milde Gabe. Und dieser Barack siegt in jeder Wählergruppe, es ist einfach phantastisch. Übrig für McCain bleiben nur noch ein paar starrsinnige alte weiße Männer, von denen es offenbar 56 Millionen geben muss. Nimmt man alle Wählergruppen zusammen, bei denen Obama vorne liegen soll, und nimmt man den realen und den gefühlten Obama-Vorsprung hinzu und die mediale Dauerexplosion zu Gunsten des neuen globalen Messias, dann müsste der Obama-Vorsprung auf seinen Kontrahenten McCain eigentlich im Bereich zwischen 2 und 500 % liegen. In Deutschland hatte man schon lange den Eindruck, dass Obama deutlich über 100% der Stimmen bekommen würde und McCain nicht viel mehr als seine eigene Stimme, die seiner Sarah Palin und die einer kleinen, aber lautstarken religiös-fanatischen Gruppe.
Angesichts der enormen Erwartungen und Verheißungen hat Obama ein vergleichsweise ernüchterndes Ergebnis eingefahren. Immerhin, sein Kontrahent hat nicht 0 oder 3,5 %, sondern stattliche 46 % eingefahren. Damit ist McCain zwar der Verlierer, aber immerhin die knappe Hälfte der Amerikaner hat ihn gewählt. Ohne die Finanzkrise, die Obama genützt hat, vor allem, weil man die Finanzkrise George W Bush fälschlich anlastet, hätte das Ergebnis auch ganz anders aussehen können. McCain ist es während des gesamten Wahlkampfgeschehens nie gelungen sich ganz vom Schatten des außerordentlich ungeliebten George W.Bush zu trennen.
Umgekehrt gilt für Obama: es hat wohl noch nie jemanden gegeben, der wie Obama die Weltbühne aus dem Nichts gerade eben betrat und seither ohne einen einzigen Leistungstest, ohne ein einziges konkretes politisches Programm nur auf schöne Worte hin mit einer solch erdrückenden Last von Vorschusslorbeeren überhäuft wurde.
Seit Obama die Wahl gewonnen hat, treten überall die Eliten ( oder die, die sich dafür halten) hervor und führen öffentlich wahre Kapriolen auf und machen sich in Wahrheit doch auch ein bisschen zum Affen. Da wird sehr großtuerisch daher geschwafelt - und das weltweit, aber besonders gründlich wieder mal in Deutschland - , dass Obama anders als Bush die Partnerschaft zu allem und jedem und in jeder Sache suchen werde, und noch vor Ablauf desselben Absatzes wird mit leuchtenden Augen regelrecht verkündet, dass Obama eine neue Führungsrolle Amerikas definieren würde, und auch mehr und mehr militärische Opfer Europas verlangen werde. Es wird alles durcheinander gekohlt, aber alles mit einem überbordenden Herzen, frei von Verstand und Vernunft, und alles so, dass alles Gewesene grauenvoll gewesen sei und Obama das pure Glück über die Menschheit bringen werde, ja in seiner Person das Glück schlechthin selber sei.
So überidealisiert macht das Obama-Bild kaum noch einen normalsterblichen Menschen aus
Obama hat eine ihm regelrecht verfallene Community von Fans in Amerika und weltweit begründet, für die Obama der Führer, das Programm, das System und das Ziel – alles in seiner Person – zu sein scheint. Obama, der Wunderheiler und persönliche Glücksbringer für jeden Einzelnen. Was wurde und wird diesem Obama jetzt nicht alles zugeschrieben: Intellektualität, Kompetenz auf allen Politfeldern von der Wirtschaft bis zum globalen Krisenmanagement und bis zum Weltkriegsherrn. Obama ist ein bisschen Christ, (er war lange Zeit Mitglied einer kleinen Sekte in Chicago, wie man diese kleine Christengemeinde hierzulande nennen würde), er sei ein ziemlich linker Sozialist, ein sozialer Kapitalist, er sei in einem moslemischen Land zur Schule gegangen, ein Tante von ihm lebt illegal in den USA, ein Bruder von ihm lebt in den Armenvierteln Nairobis, sein Vater machte nur eine Stippvisite in Amerika, seine weißen Großeltern sparten sich für ihn die Schule von Munde ab, der reichste Mann der Welt, Warren Buffett, unterstützt ihn und der legendäre Kennedyclan sowieso.
Seine Internetgemeinde, die nach dem Schneeballprinzip in der Geschwindigkeit einer Kettenreaktion anschwoll, schwört auf ihn, und die Staatsmänner dieser Welt huldigen ihm, wenn sie seinen Namen jedoch auch noch gelegentlich, wie Super-Sarko es gerade getan hat, falsch schreiben. Das alles macht keinen Menschen mehr aus, für das alles reicht auch der Begriff Übermensch nicht, das alles zusammen lässt sich nur noch mit der Fiktion von einem wundersamen Heiligen erklären, die die Menschheit gerade zu befallen scheint. Manch einer der weltberühmten Religionsstifter scheint da zu verblassen. Auch der atheistische Religionsstifter Karl Marx hat keine Chance mehr.
Die Schwarzen, die in Amerika zwischen Quote und Hochleistung zerrissen in die Bildungssysteme kommen und das Erbe der Sklaverei in den USA verkraften müssen, hatten lange Berührungsprobleme mit dem Sohn einer weißen Amerikanerin. Umso schwärzer machen ihn gern die Weißen, in Demonstration einer eigentlich doch ein wenig rassistischen und herabsetzenden demonstrierten Überhöhung der schwarzen Hälfte der Wurzeln Obamas.
Der Placebo-Effekt
Obama ist nicht der erste schwarze Präsident im weißen Haus, wie gern formuliert wird, sondern er ist, wie heute im Deutschlandfunk zu hören war, der 44. weiße und der erste schwarze Präsident in einer Person. Obama ist auch nicht der schwarze Kennedy – und es wäre auch nicht gut, wenn er es wäre – Obama ist unter anderem nämlich nicht der Erbe eines Milliardenvermögens, um es in heutigen Kategorien zu sagen und er kann auch nicht auf dynastische Verflechtungen zurück greifen. Aber er ist der Katalysator einer Heilssehnsucht, die die demokratischen Parteigranden offenbar frühzeitig erkannt haben, weshalb sie Obama zum bestvernetztesten und verfilztesten Kandidaten ihrer Partei gemacht haben, mit Erfolg, wie man jetzt sieht.
Der Placebo-Effekt ist wahrscheinlich die wirksamste Medizin, die es überhaupt gibt. Das gilt nicht nur für den Menschen, das scheint auch für Gesellschaften und vielleicht auch für die Weltgemeinschaft zu gelten. Wenn es Obama gelänge einen globalen Placebo-Effekt auszulösen und alles Leid von dieser Welt zu nehmen, alle Interessenkonflikte, alle Kriege sowieso, auszugleichen und zu schlichten und Wohlstand und soziale Gerechtigkeit für jeden Erdenbewohner herzustellen, dann wäre das nicht nur völlig in Ordnung und sogar wünschenswert, es würde auch die gelegentlich an Scharlatanerie grenzende Inhaltsleere, mit der Obama vom „Change“ und vom abgedroschenen „Yes, we can“ predigt, nebensächlich machen. Die Welt muss nicht wissen, warum es ihr gut geht, wenn es ihr gut geht. Aber ein wenig Skepsis scheint vorläufig erlaubt zu bleiben. Solange Barack Obama das Paradies auf Erden noch nicht zumindest spürbar näher gebracht hat und womöglich doch mit Wasser kochen muss, gilt die Devise: wachsam bleiben und beobachten!
Andererseits: Die Chance, die Obama in sich birgt, kann man gar nicht hochgenug einschätzen
Es muss sehr viele Menschen in der US-amerikanischen Gesellschaft geben, die sich verloren fühlen, die sich von den früheren US-Präsidenten nicht mehr repräsentiert fühlen, was auch für die Clintons, Al Gores und Kerrys gilt. Es muss sehr viele entwurzelte Menschen in den USA geben, die sich auch in ihren Parallelgesellschaften nicht wirklich aufgehoben fühlen, die keine enthusiasmierende Zukunftsvision für sich selber finden und die sich mit dem american dream und dem Staat USA nicht mehr richtig identifizieren konnten. Vielen von ihnen erscheint Obama offenbar als Halt, als Verbindung zu einem neuen erhofften Amerika, zu dem sie sich bisher nicht dazu gehörig fühlten. Diese Chance, die Obama mit sich bringt, kann man gar nicht hoch genug einschätzen.
Und dann gibt es auch noch die urbanen jungen und ganz jungen Schickis und die Generation der Sex-and-the-Citys, der Friends und der Desperate-Housewifes, die scheinbar mit Background und Zukunft ausgestattet sind, die wissen, was sie wollen und anpacken. Auch sie scheinen auf höchstem Niveau mit Einkommenssicherheit und Luxus versehen irgendwie lost und können sich mit dem alten Amerika nicht mehr identifizieren. Das gleiche gilt für die Stars und die Super-Millionäre aus Hollywood.Was sie sich von Obama erhoffen, erschließt sich nicht so ohne Weiteres. Was kann er ihnen geben, was sie nicht bereits haben und was ihnen aber nicht reicht? Sehnsucht nach Lebenssinn, einer Revolution auf amerikanisch, nach dem wahren Leben?
Wechsel auf eine ungewisse Zukunft
Der Zukunftswechsel Obama ist in der Tat ein Wechsel auf eine ungewisse Zukunft. Obama hat seine Schuldversprechen ursprünglich viel kleiner und realistischer gesehen, aber sie wurden ihm von einer immer größer werdenden Masse von Anhängern immer gieriger und immer schneller aus der Hand gerissen, was Obama mit immer pastoralerem und regelrecht sakralem Habitus herausforderte. Obama war vielleicht einfach nur der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um eine Art kollektives Wir-Gefühl und ich-und-Du- Gefühl bei der einen Hälfte der Amerikaner mit seinen monotonen Sprüchen von „Change“ und „Yes we can“ offenbar nur etwas ausgelöst auszulösen.
Und die andere Hälfte, die jetzt McCain gewählt hat und sich bisher für das eigentliche Amerika hielt, ist über Nacht zum Außenseiter geworden. Der Maverick McCain war der letzte alte Amerikaner, der einen Schweif von Mavericks hinter sich versammelte, könnte man etwas überspitzt formulieren.
Mit dem Amtsantritt von Obama ist das Amerika der Neu-England-Staaten mit seinen special relations zum schrumpfenden Großbritannien mit seiner hoffnungslos überalterten Queen zu Ende gegangen. Mit Obama sind die USA ein neues Amerika geworden, eines der nicht europäischen Einwanderer. Insofern hat Obama in einem ganz anderen Sinn, als er die Vokabel bisher predigte, recht. Mit seiner Machtübernahme im weißen Haus ist, ohne, dass er einen Federstrich getan hätte, unwiderruflich ein Wandel bereits eingetreten.
Dieser Wandel wird erhebliche Einflüsse Amerikas in der Welt haben. Der neuenglische Weltpolizist wird verschwinden. Amerika wird zu dem kosmopolitischen staatlichen Abbild der Weltgesellschaft, das bisher nur beschworen wurde: es wird die USA aller Ethnien der Welt geben.
In Kenia ruft man nicht, wie in Deutschland „Wir sind Papst“, sondern man ruft: Wir sind Präsident, wir sind US-Präsident! Kenia ist von nun an das Land mit den special relations zu den USA! Das ist tatsächlich der Beginn einer neuen Ära. Die Präsidentschaft neuenglisch geprägter Amerikaner ist vorbei. Und das wird auch Schule in Europa machen, wo sich analoge Entwicklungen bereits abzeichnen.
Wenn die Völkerwanderung, die auf dieser Erde eingesetzt hat, nicht zu mehr Konflikten führt, sondern zu einem wahrhaft kosmopolitischem Ausgleich, und wenn sich die Religionen und Ideologien dem nicht widersetzen, gibt es eine Chance für eine schöne neue Welt. Im Moment ist es mit dem Paradies noch nicht ganz so weit. Auf Obama kommt erst einmal ganz konkrete Arbeit zu und er muss ganz kleine irdische Probleme lösen und dabei wahrscheinlich die Mehrzahl seiner Verheißungen, wie seine Fans sie verstanden haben, brechen. Und diese Enttäuschung und vielleicht auch sogar Wut, um deren Auslösung er nicht herum kommt, hat Obama ja bereits angefangen abzufedern.
Wann McCain verloren hat
McCain hatte dem von Obama angeführten Zug der Zeit nichts mehr entgegen zu setzen. Er war am Ende nicht nur an Jahren zu alt. Seine Rede Anfang September auf dem republikanischen Nominierungsconvent, die von den Medien noch sehr milde beurteilt wurde, zeigte, dass McCain schon Vergangenheit war.
Sein Wahlkampf-Team hat speziell, was das Internet anbelangt und die Ansprache der jüngeren Leute und gar der Erstwähler versagt, aber für die Auswahl dieses Teams ist McCain ja schließlich selbst verantwortlich. Dass Obama das Internet zeitgemäßer und professioneller nutzte und so die ganz jungen Wähler einfangen konnte, war absolut nichts, was McCain verwehrt war. Er hat es versäumt, verpasst.
McCain hätte mit Joe Lieberman als Vizekandidat antreten und seinen konservativen Parteiflügel auf Liebermann eingeschworen haben müssen. McCains Problem war eine in den Bush-Jahren zerfaserte republikanische Partei bei gleichzeitigem Erstarken der in ihren vergangenen Hungerjahren sich regeneriert habenden Demokraten.
Obama: kann er es?
Obama scheint nur ein Gesicht und eine Gemütsverfassung zu kennen, nämlich irgendwie gar keine, die aber gut funktioniert. Er ist wie ein gutes, immer gleiches Fast Food. Und der Automat spuckt immer wieder Change, Change, Change aus. Und das immer pathetisch und, wenn man es unbedingt so nennen will, charismatisch.
Zuviel Symbolik, zu viel Anreißen der Geschichte, zu viel Mythologisiererei, zu viel Innehalten und viel zu wenig Substanz. Barack Obama ist bisher nur ein schöner Schein und sehr wenig Sein. Und das obwohl er zwei Jahre Vollzeitbeschäftigung Wahlkampf hinter sich gebracht hat. Er hat seine Wähler jetzt zum kollektiven Glückstaumeln veranlasst und sehr viel Geld dafür eingesammelt und ausgegeben. Aus dem Spruch: Yes, we can ist bisher nichts anderes geworden, als dass seine vielen gläubigen Anhänger ihm andichten: He can. Kann er es?
...kann er es? kann er es nicht? Gab es je einen Politiker der alles richtig gemacht hat? Der Mensch ist Bewusstsein und sein Bewusstsein entscheidet ob Schein oder Sein. Welches Bewusstsein herrscht im Volk, welches Bewusstsein kann eine politische Persönlichkeit wie Obama vermitteln? Wenn er ein friedenstiftendes Bewusstsein , also ein mit sozialer und ökologischer Verantwortung gepaartes Bewusstsein wirbt und dieses erfolgreich vermittelt, dann hat sich seine Wahl für alle schon gelohnt. Schicke im jeder das Licht, das er es schafft, dann wird er es auch weiter schaffen. Ich bin einfach nur dankbar, dass er es überhaupt zum Präsidenten geschafft hat, für amerk. Verhältnisse, -ein Wunder! Ein gesundes Mass an Skepsis (aber eben bitte nicht mehr!) ist immer besser als blindes Vertrauen. Diese Welt braucht dringend mehr Offenheit und Vetrauen und das beginnt zunächst bei jedem selbst, oder?
Kommentiert von: jupp | 29. Januar 09 um 17:30 Uhr